Schulpraktisches Klavierspiel

Im Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen nimmt das Klavier als Medium der Vermittlung eine zentrale Rolle ein. Man benutzt es im günstigsten Fall, um musiktheoretische Phänomene klanglich zu veranschaulichen, Partiturauszüge aufs Wesentliche zu reduzieren, Klangspiele und Phantasiereisen stimmungsvoll zu untermalen, vor allem aber, um Lieder unterschiedlichster Herkunft stilgerecht zu begleiten.

Der Schüler nimmt seinen Musiklehrer im Unterrichtsalltag künstlerisch hauptsächlich über seine Fähigkeiten am Klavier wahr. Wenn die Lehrperson z. B. zur Begleitung von Volksliedern oder zur Begleitung von Gospel- oder Popsätzen immer dieselben Begleitmuster wählt, ist sie bei den medial verwöhnten Kindern und Jugendlichen im Ansehen als Musikprofi schnell „unten durch“.

Ob jemand besonders gut Querflöte oder Cello spielt, ist natürlich für die künstlerische Identität enorm wichtig, spielt aber im unterrichtlichen Alltag zunächst eine untergeordnete Rolle, da die Situationen, in denen diese Fähigkeiten innerhalb des Unterrichtsprozess gewinnbringend genutzt werden können, eher selten sind.

Es ist vor allem die Fähigkeit, „mal eben“ z. B. einen Song nach Gehör spielen zu können, die bei den Schülern den Respekt vor der musikalischen Autorität der Lehrperson erhöht. Dieser Respekt ist in dem so emotional besetzten Fach Musik die Grundlage für eine positive Lernbereitschaft bei den Schülern.

Leider ist die Fähigkeit, aus dem Stegreif Musik improvisieren zu können außerhalb des Jazz fast nicht mehr zu finden. Dieses war nicht immer so. Zu Zeiten Bachs verstand sich der Musiker als Handwerker, der neben dem Literaturspiel ebenso improvisatorische und kompositorische Fähigkeiten, z. B. zur Ausgestaltung des Generalbass, beherrschen musste. Zu Zeiten Mozarts war es noch üblich, dass die Kadenz eines Solokonzertes improvisiert wurde. Mit der Verbreitung vieler grossartiger Meisterwerke durch den Notendruck rückte allmählich der interpretatorische Nachvollzug dieser Werke in den Mittelpunkt der Musikvermittlung. Das schöpferisch-improvisatorische Element wurde in den Hintergrund gedrängt, eine Entwicklung, die leider bis heute zu beobachten ist.

In meinem Unterricht versuche ich, durch unterschiedliche Methoden eine möglichst bruchlose Verbindung von auditiv wahrgenommenen Klangereignissen und deren sofortige Umsetzung auf dem Klavier zu fördern.

In dem Fach Schulpraktisches Klavierspiel/Improvisation vereinen sich die Teildisziplinen Gehörbildung, Harmonielehre, Satztechniken, Instrumentalunterricht und Musikpädagogik. Diese Kombination macht den Unterricht für Studenten, aber auch für Lehrende zu einem komplexen Prozess, der je nach Fähig- und Fertigkeiten der Studenten immer wieder neu ausgerichtet werden muss.

Auf der Seite mit Demonstrationsmaterial sind fünf Arbeitsblätter zum Download freigegeben. Sie zeigen eine von mir häufig verwendete Methodik: Beispielhaft werden bestimmte Prinzipen vorgestellt, der Student wählt sich je nach Geschmack und technischer Fertigkeit Begleitmuster oder Gestaltungsprinzipen und überträgt diese auf ein ganzes Werk oder auf verwandte Stücke.